Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten (Blaulicht- und Martinshorn)
Auch wenn es zum alltäglichen Einsatzgeschehen gehört und man sich nicht bei jedem Einsatz darüber Gedanken macht, möchten wir an dieser Stelle doch etwas genauer über die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten informieren. Denn nicht immer müssen bei einer Einsatzfahrt Wegerechte wahrgenommen werden, oft aber Sonderrechte. Um dieses Thema, über welches man leider nicht oft umfassend aufgeklärt wird, für die Kameraden und Kameradinnen etwas verständlicher zu machen, haben wir uns für Sie durch die Paragraphen 35 und 38 der Straßenverkehrsordnung (StVO) gewühlt. Wir wollen auch auf die gängigsten Fragen Antwort geben. Dürfen wir denn nun auch mit Blaulicht ohne Martinshorn fahren und wie müssen sich die anderen Verkehrsteilnehmer dann verhalten? Müssen die Anderen wirklich stehen bleiben oder reicht es aus, wenn sie ausreichend freie Bahn schaffen? Wie siehts aus, mit der Geschwindigkeit? Die Antworten auf diese Fragen wollen wir ihnen geben.
Sonderrechte sind nicht gleich Wegerechte. Das ist das erste, was man sich merken muss. Sonderrechte gem. § 35 StVO befreien uns nur von gewissen Vorschriften dieser Verordnung. Wegerechte gem. § 38 StVO nehmen wir nur bei einer Fahrt mit Blaulicht in Verbindung mit Martinshorn war.
Was sind Sonderrechte im Sinne der StVO?
Unsere Aufgabenbereiche wie Menschenrettung, technische Hilfeleistung oder Brandbekämpfung sind so genannte hoheitliche Aufgaben. Wie bereits erwähnt ist die Feuerwehr neben anderen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben wie z.B. Katastrophenschutz oder Polizei gemäß § 35 StVO von einigen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit, soweit dies zur Erfüllung der hoheitlichen Aufgaben dringend geboten ist.
Auf die Feuerwehr bezogen bedeutet das, dass wir uns (wenn wir im Einsatz sind) im Gegensatz zu den anderen Verkehrsteilnehmern nicht an alle Vorschriften der StVO zu halten haben. Beispielsweise dürfen wir:
* im absoluten Halteverbot halten oder parken
* schneller fahren, als es uns durch Straßenschilder oder Ortseingangsschilder
geboten ist
* im Überholverbot überholen
Diese Sonderrechte stehen uns jedoch nur im Einsatz zu! Und dann auch nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit. Das bedeutet, dass wir nicht mit 90 km/h durch die Ortschaft prügeln dürfen um eine Ölspur zu sichern. Denn kommt es bei einer solchen Einsatzfahrt zu Verletzungen bei unbeteilligten Personen, wird dies zwangsläufig ein Verfahren nach sich ziehen und der Fahrer wird es dann schwer haben, diese enorm überhöhte Geschwindigkeit zu rechtfertigen.
Was sind Wegerechte im Sinne der StVO?
Wegerechte nehmen wir dann war, wenn wir Blaulicht und Martinshorn zusammen verwenden. In diesem Fall haben alle übrigen Verkehrsteilnehmer sofort freie Bahn zu schaffen. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Verkehrsteilnehmer stehen bleiben (denn dies war bis 1990 in den neuen Bundesländern so geregelt). Es reicht aus, wenn wirklich ausreichend freie Bahn geschaffen wird. Kann dies nur durch Anhalten erreicht werden, dann muss der Verkehrsteilnehmer dies natürlich auch tun.
Das alleinige Verwenden von Blaulicht ist zur Warnung an Unfall- oder sonstigen Einsatzstellen gedacht. Verwendet man bei einer Einsatzfahrt nur Blaulicht ohne Martinshorn hat dies nur warnenden Charakter. Die übrigen Verkehrsteilnehmer sind dann nicht verpflichtet freie Bahn zu schaffen. Zwar wird dies in den meisten Fällen so geschehen, es ist aber nicht zwingend zu erwarten. Daher muss man wissen, dass man nur dann Wegerechte war nimmt, wenn man das Martinshorn einschaltet. Das heißt aber nicht, dass wenn man Nachts auf leerer Straße durch eine Wohnsiedlung zum Einsatz fährt, das Martinshorn unbedingt eingeschaltet werden muss. Wenn es aufgrund der Verkehrslage nicht erforderlich ist, Wegerechte in Anspruch zu nehmen, dann nehmen Sie lieber Rücksicht auf schlafende Anwohner. Dies ist jedoch immer eine Einzelfallentscheidung! Man muss sich immer fragen, ob es zur Erfüllung des Einsatzauftrages nötig ist, Wegerechte wahrzunehmen.
Achtung!
Bei Einsatzfahrten haben wir durch die uns zustehenden Sonderrechte das Recht, andere Verkehrsteilnehmer zu belästigen und zu behindern. Eine Gefährdung hingegen ist nicht statthaft und zu unterlassen. Denn kommt es während der Einsatzfahrt zu einem Unfall - egal wie schwer - ist der Einsatz sofort abzubrechen und der Einsatzauftrag kann zumindest mit diesem Fahrzeug nicht rechtzeitig realisiert werden. Was das im Einzelfall bedeuten könnte, kann sich jeder Feuerwehrmann ausrechnen. Die Sonderrechte rechtfertigen also keine Gefährdung und schon gar nicht eine Schädigung anderer Verkehrsteilnehmer!